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Midfield Crossing MUC (EDDM): Ausführliche Infos für VFR Flieger direkt vom Tower

Mit Blick auf unsere große Vision „Mit 80 Piloten um die Welt!“ beschäftigen wir uns bei Air Lovers natürlich auch mit der Frage: Welche Flugplätze oder Flughäfen wollen wir in unsere Fliegertour um die Welt aufnehmen?

Und so hatten wir, Alex und Monika von Air Lovers, am 28. Juni 2024 die besondere Gelegenheit, den Tower des Münchner Flughafens (EDDM) zu besuchen. Unser Gastgeber war Tobi, ein erfahrener Lotse der Deutschen Flugsicherung (DFS). Tobi begann seine Karriere 2003 als Radarlotse und ist seit 2016 im Tower von EDDM tätig. Seine langjährige Erfahrung und sein tiefes Wissen machten unseren Besuch zu einem ganz besonderen Erlebnis.

Ein Blick hinter die Kulissen

Tobi nahm uns herzlich am Fuß des Towers in Empfang und führte uns in die faszinierende Welt der Flugsicherung ein. Der Münchner Flughafen ist die Homebase der Lufthansa, die 50% der Anteile an der Infrastruktur des Terminals 2 hält. Mit täglich etwa 1.000 bis 1.100 Flugbewegungen ist der Flughafen einer der verkehrsreichsten in Deutschland.

Der Tower verantwortet die Start- und Landebahnen sowie alle Rollwege ab den Rollbrücken des Flughafens. Die Streckenfreigaben werden jeweils von einem Lotsen der Nord- bzw. Südbahn erteilt. Zusätzlich gibt es jeweils zwei Apron-Lotsen pro Vorfeld, also insgesamt sechs. Der Betrieb im Tower ist hoch organisiert, mit klaren Zuständigkeiten und einer beeindruckenden Effizienz.

Im Tower sitzen Ground und Tower Lotsen an der jeweiligen Bahn nebeneinander. Die Lotsen für die Südbahn (PL Süd bzw. Platzlotsen Süd) sitzen mit dem Rücken zueinander bzw. gegenüber der Lotsen für die Nordbahn.

Es gibt noch weitere Positionen im Team – darunter eine Person, die zuständig ist für Änderungen von Slots und Flugplänen, sowie der Supervisor, der in der Mitte des Turms sitzt und u.a. dafür zuständig ist, Konflikte im Team zu lösen, aber auch überwacht, dass alles „ordentlich“ läuft und bei echten Notfällen dafür sorgt, dass Rettungseinrichtungen etc. über das Nottelefon verständigt werden. Z.B. wenn ein Flieger von der Piste rutscht, rückt die Feuerwehr aus und der gesamte Flugbetrieb steht erst einmal bis man wieder alles im Griff hat und der Brandschutz für die andere Piste auch wieder gewährleistet werden kann. Ggf. weichen dann Flugzeuge im Approach an ihre Alternates aus bzw. – wenn der Vorfall voraussichtlich bald abgeschlossen ist – gehen die Flugzeuge in Holdings etc. Das liegt aber natürlich im Ermessen des jeweiligen PIC.

Der Supervisor ist die zentrale Führungskraft am Tower und verantwortlich für die Personalplanung. An seiner Position laufen die Fäden für alle betriebsrelevante Abläufe zusammen. Sofern der Supervisor noch eine Lizenz besitzt – was am Tower in München bei zwei Dritteln der Supervisoren der Fall ist – kann auch er als Lotse eingesetzt werden. Obwohl alle Supervisoren Weisungsbefugnis gegenüber den Mitarbeitern haben, können sie nicht direkt Einfluss in die Arbeit der Lotsen nehmen.

Prozessablauf für den Takeoff

Der Startprozess ist ein präziser getakteter Ablauf:

  1. Request Startup: Der Pilot meldet sich und erhält die Streckenfreigabe.
  2. Pushback: Nach der Freigabe durch die Vorfeldkontrolle und dem Abarbeiten der Pre-Taxi-Checkliste, fordert der Pilot Request Taxi bis zur Rollbrücke.
  3. Rollfreigabe: Bei der Rollbrücke meldet sich der Pilot bei Ground, um bis zum Rollhalt zu rollen.
  4. Abflugbereit: Der Pilot meldet sich bei Tower und erhält die Startfreigabe.

Bei identischer Departureroute wird ein Abstand von 5 NM angestrebt, bei unterschiedlichen 3 NM – am Monitor können die Lotsen auch Abstände messen, aber im Wesentlichen spielt hier natürlich die Erfahrung eine große Rolle.

Angestrebt wird insgesamt ein effizientes Scheduling bzw. Minimalstaffelung angestrebt, denn sonst können bei um die 1.000 Flugbewegungen Delays entstehen.

Sobald der Flieger im Abflug auf Kurs dreht, wird er an Departure, also an Radar übergeben.

Wichtig: Bei Startvorgängen ist die DFS zur Wirbelschleppenstaffelung verpflichtet; bei Überflügen und Landungen kann das Risiko an den Piloten delegiert werden („Achte auf Wirbelschleppen!“).

VFR Midfield Crossing: Das Verfahren und wichtige Hinweise

Ein besonders spannender Aspekt unseres Besuchs war, dass wir uns mit den Tower-Lotsen über das VFR Midfield Crossing ausgetauscht haben, ein Verfahren, das VFR-Piloten ermöglicht, den Flughafenbereich zu überqueren. Sie erklärten uns die Details und worauf besonders zu achten ist:

  1. Anfrage über Funk: VFR-Flieger der E-Klasse müssen nicht im Voraus anrufen. Stattdessen stellen sie einfach die Tower-Frequenz ein und fragen per Funk, zum Beispiel „Einflug von Norden mit 1 Kreis um den Turm“.
  2. Einhaltung des Korridors: Beim Orbit um den Tower ist es entscheidend, innerhalb des Korridors von ca. 0,9 NM der näher an den Bahnen gelegenen Taxiways zu bleiben. Bei einer Geschwindigkeit von 160 Knoten kann das eine Schräglage von 60° erfordern, daher sollten Piloten ihre fliegerische Leistung gut kennen und ggf. langsamer fliegen.
  3. Frequenzwechsel: Während eines „Orbit around Tower“, sollte man sich darauf einstellen, dass man die Ansage bekommt, auf die andere Funkfrequenz (z.B. von Tower Süd auf Tower Nord) zu wechseln.
  4. Kommunikation: Piloten müssen klar und deutlich kommunizieren, wenn sie etwas nicht verstanden haben. Aussagen wie „say again“, „ich weiß nicht, was ich tun soll / was Sie meinen“ oder auch schlicht „unable / unable to orbit around the Tower“ sind wichtig, um Missverständnisse zu vermeiden. Die Sicherheit aller Beteiligten hat oberste Priorität. Und nach eigener Aussage können die Tower-Lotsen mit solchen Aussagen wunderbar und gut arbeiten und sind dann auch sehr gerne hilfsbereit.
  5. Vertrautheit mit dem Platz: Wenn Piloten nicht mit den Gegebenheiten am Platz vertraut sind, lehnen die Tower-Lotsen eine Anfrage zum Midfield Crossing zur Sicherheit aller Beteiligten ab.
  6. Exakte Anweisungen: Wenn der Tower-Lotse sagt „Proceed via Threshold 26R“, bedeutet das, dass man wirklich genau über der Schwelle kreuzt, bei den entsprechenden Markierungen. Auch kam es schon vor, dass Piloten Rechts und Links verwechselt haben. Wichtig ist zu verstehen, dass VFR Verkehr in der Kontrollzone grundsätzlich nicht vorrangig behandelt wird. Somit ist es besonders wichtig, die Anweisungen exakt zu befolgen. Welche „Route“ am Ende geflogen wird, entscheidet sich in Abhängigkeit vom Verkehr am Platz.

„Cross east of threshold“ bedeutet wirklich, dass man östlich vom Ende der Bahn, die Piste bzw. den Platz queren soll.

Grundsätzlich wollen die Lotsen natürlich vermeiden, dass IFR Verkehr aufgrund VFR Flieger „delayed“ wird.

Wenn gerade viele „Outbounds“ (also Starts) anstehen, z.B. an der Piste 26L, dann wird man vermutlich beim Midfield Crossing eher an den Pistenanfang, also Schwelle 26L geschickt.

Bei „Inbounds“ (also Landungen) ist es aufgrund möglicher Durchstartemanöver schon wieder etwas mehr tricky und man sollte gut vorbereitet sein, dass man ggf. schnell reagieren muss und / oder viele Holdings fliegen muss.

Trafficpeaks sind jeweils gegen 08:00 Uhr, 10:30 – 12:00 Uhr, 14:30 Uhr sowie 18:00 und 21:30 Uhr in EDDM.

Am besten ist es daher, in den ruhigeren Zeiten am Nachmittag vorbeizukommen, um das Midfield Crossing zu üben. Um die Verkehrsbelastung im Vorfeld besser einschätzen zu können, wird empfohlen, einen Blick auf Flightradar24 zu werfen.

Sollte es dennoch zu hohem Verkehrsaufkommen kommen, wird seitens der Lotsen um Verständnis gebeten, dass das Midfield Crossing eventuell nicht durchgeführt werden kann. Die Sicherheit und die Effizienz des Flugbetriebs haben stets oberste Priorität.

Good to Know – Fun Facts und Wissenswertes

  • Die DFS hat auch einen YouTube Kanal (https://www.youtube.com/@dfsflugsicherung), auf dem man interessante Infos dazu findet, wie die DFS arbeitet.
  • Wenn man mal versehentlich den Luftraum C gestreift hat oder sonst etwas „Blödes“ passiert ist, hilft oft schon eine telefonische, ernst gemeinte und einsichtige Entschuldigung bei der DFS. Vor allem geht es der DFS darum, dass der Pilot verstanden hat, was er falsch gemacht hat und dass er die Einsicht hat, damit der Fehler nicht bei nächster Gelegenheit wiederholt wird! Die DFS ist verpflichtet, solche Vorfälle zu dokumentieren. Die Sanktionierung der Verstöße erfolgt durch die zuständigen Behörden, wie das Luftamt oder die BAF (Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung).
  • Sofern ein Flieger – auch nur wenige Sekunden – außerhalb der Betriebszeiten landen will, wird ihm ein Go Around angeordnet. Das gilt für kleine, wie auch für große Flieger.
  • EDDM ist der Alternate Flughafen für Nürnberg und Frankfurt am Main, aber auch ein Flieger der E-Klasse darf selbstverständlich bei einem Notfall in EDDM landen, was sogar empfehlenswert ist aufgrund der umfangreichen Sicherheitsinfrastruktur.
  • Nebel kann sehr schnell aufziehen, wobei die Südpiste bei Nebel in der Regel schneller zugeht als die Nordpiste.

Herausforderungen und der Arbeitsalltag im Tower

Es war beeindruckend zu sehen, wie konzentriert und effizient die Lotsen arbeiten. Obwohl es so wirkte, als könnten sie sich entspannt mit uns unterhalten, war ihr voller Fokus auf den Funkverkehr gerichtet. Die Stimmung im Team war großartig – sehr kollegial, motiviert und humorvoll – und wir fühlten uns sofort willkommen.

Die Lotsen wechseln nach maximal zwei Stunden ihre Positionen, um konzentriert zu bleiben, und haben dazwischen eine 30-minütige Pause. Übergeben wird abschließend mit der Abfrage „Hast Du das Traffic Picture?“.

Der Supervisor überwacht die Abläufe und stellt sicher, dass bei Notfällen die Rettungseinrichtungen verständigt werden. Wenn ein Lotse ausfällt, wird innerhalb des Kollegenkreises nach Ersatz gesucht, was oft schwierig ist, da generell Personalmangel besteht.

Ein weiteres Highlight unseres Besuchs war die Aussicht vom Tower: Bei guten Sichtverhältnissen kann man bis zu den Alpen sehen und täglich wunderschöne Sonnenauf- und Sonnenuntergänge genießen.

Wir bedanken uns für einen unvergesslichen Tag

Unser Besuch im Tower von EDDM war eine faszinierende und lehrreiche Erfahrung. Wir haben viel über die komplexen Abläufe und die hohe Verantwortung der Lotsen gelernt. Ein großes Dankeschön an Tobi, Steven, Marcel, Tim und das gesamte Team der DFS für ihre Gastfreundschaft und die spannenden Einblicke. Wir freuen uns schon auf unseren nächsten Besuch und wir können uns gut vorstellen in München unsere Weltreise „Mit 80 Piloten um die Welt“ anzutreten!😉